VOGELSBERGKREIS. Über einhundert Erzieherinnen, zwei CDU-Landtagsabgeordnete und drei Stunden intensive Diskussion im „Marktcafé“ in Alsfeld: Der Entwurf des hessischen Kinderförderungsgesetzes stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu der der CDU-Landtagsabgeordnete Kurt Wiegel eingeladen hatte. Fachreferentin war die familienpolitische Sprecherin der hessischen CDU-Landtagsfraktion, Bettina Wiesmann, die die Ziele des Gesetzes erläuterte und jede der über vierzig zum Großteil kritischen Fragen und Stellungnahmen präzise abarbeitete.
(von rechts): CDU-Familienpolitikerin Bettina Wiesmann, Landtagsabgeordneter Kurt Wiegel und Moderator Stephan PauleDer Gesetzentwurf, der die Kinderbetreuung in Hessen neu organisieren soll, ist bei den Erzieherinnen hoch umstritten, weil sie für sich und die Kinder Nachteile sehen. Kurt Wiegel stellte zunächst klar, dass zwar die Untergrenzen für Betreuungsstandards nach der jetzigen Mindestverordnung (MVO) förmlich abgesenkt werden, die Gemeinden und damit die Träger der Einrichtungen durch das neue Gesetz aber mit so viel zusätzlichem Geld (insgesamt rund 424 Millionen Euro hessenweit) ausgestattet werden, dass das Halten der aktuellen Standard möglich ist.
Die Landtagsabgeordnete Wiesmann sieht in dem Gesetzentwurf, der aus der vielschichtigen bisherigen Gesetzesvielfalt und der von den Kommunen kritisierten Landes-Mindestverordnung herrührt, einen neuen Ansatz Betreuung, Ausstattung und finanzielle Leistungen zu regeln. Die Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen (Gemeinde oder freie Träger, überwiegend Kirche) sollen mehr Gestaltungsspielräume und Flexibilität erhalten, hob Wiesmann hervor. „Das neue Gesetz ist die Untergrenze der Betreuungsregeln, nicht Soll“, stellte die vierfache Mutter aus Frankfurt klar. Diese gesetzliche Untergrenze sei nicht das Bild, wie man sich idealerweise einen Kindergarten in Hessen vorstellen solle. Vielmehr gehe es darum, landesweit ein Mindestmaß an Betreuung - aber dann auch in jeder Einrichtung – sicherzustellen.
In der anschließenden Diskussion unter Leitung des stellvertretenden Kreisvorsitzenden der CDU-Vogelsberg, Stephan Paule, erläuterte Wiesmann auch, warum die „Leitungsfreistellung“ in mehrgruppigen Kindergärten nicht gesetzlich definiert sei. Schließlich sei die Berechnung der Zeit etwa für Elterngespräche auch nicht in der aktuellen MVO vorgesehen und sie gehe zurück auf freiwillige Vereinbarungen zwischen Kommune und Trägern, die aber oftmals auch im Bereich der Kommune selbst angewandt würden. Zudem gebe es neuerdings einen 15prozentigen Aufschlag in der Stellenberechnung für Urlaub oder Krankheit des Personals. Als „demütigend“, wie es Teilnehmer beschrieben, empfinde man es, dass jetzt „Schlecker-Frauen und Hausfrauen“ in Kindergärten als sogenanntes fachfremdes Fachpersonal die Kinder betreuen sollten. Zum Hintergrund berichtete Wiesmann über die Nachwuchssorgen des Berufsstandes, der trotz höherer Qualifikationen mit fünf Jahren Ausbildung und dem angestrebtem Bachelor-Abschluss, immer weniger Berufsanfänger finde. Auch die Bemühungen der Landesregierung zur Nachwuchssuche seien bisher auf wenig Resonanz gestoßen. Daher sei unter bestimmten Voraussetzungen und mit Einzel-Zustimmung des Jugendamtes der Einsatz etwa von Musikpädagogen, Kinderkrankenschwestern oder auch Logopäden vorgesehen. Dies wurde von den anwesenden Gästen als Diskreditierung des Berufsstandes ausnahmslos abgelehnt. Für die zwei großen Fraktionen der CDU im Vogelsbergkreis erklärten Dr. Jens Mischak (Fraktionsvorsitzender Lauterbach) und Stefanie Planz (Stellv. Fraktionsvorsitzende Alsfeld), dass bei Ihnen das Wohl der Kinder im Vordergrund stehe und es deshalb bei den seitherigen Gruppengrößen und Öffnungszeiten in ihren Kommunen gerade mit den erhöhten Landeszuschüssen bleiben werde.
Bettina Wiesmann MdL


Informierten über das neue Kinderförderungsgesetz und stellten sich in Alsfeld der Kritik (von rechts): CDU-Familienpolitikerin Bettina Wiesmann, Landtagsabgeordneter Kurt Wiegel und Moderator Stephan Paule.